Am 20. Juni diskutierte Michelle Harrer mit MdL Ruth Waldmann und Bezirkstagskandidatin Andrea Mickel über "Sichere Gesundheitsversorgung in der Region". Hier gibt's eine Auswahl ihrer Antworten bei der Podiumsdiskussion in Kösching noch einmal zum Nachlesen.
Der Krankenhausförderetat liegt auf einem Spitzenniveau und ermöglicht Spielräume. Wie stehen Sie zur Aussage unseres bayerischen Gesundheitsministers? Ist die leistungsfähige Krankenhausversorgung wirklich gesichert?
Michelle Harrer: Wenn man bedenkt, dass die von Bayern bereitgestellten finanziellen Mittel im Jahr 2018 gegenüber dem Jahr 1991 um 22 Mio. € geringer sind, und dabei die Inflation und die Steigerung des BIP berücksichtigt sind, dann sind diese Mittel bei Weitem nicht mehr zeitgerecht. Da in den Jahren dazwischen die Mittel noch wesentlich geringer waren, entstand natürlich ein Investitionstau, der ausgeglichen werden muss. Es muss zudem bedacht werden, dass unsere Krankenhäuser dringend eine energetische Sanierung benötigen, um die Betriebsausgaben zu reduzieren. Der Freistaat Bayern muss in Zukunft für dringend nötige Investitionen in unseren Krankenhäusern 1 Mrd. € im Haushalt berücksichtigen.
Bei uns in Bayern müssen die Kommunen und Landkreise dafür sorgen, dass die stationäre Versorgung gesichert ist. Ist der Freistaat wirklich dieser starke Partner der Kommunen und Landkreise oder lässt er diese bei Planungen und Umstrukturierungen eher im Stich?
Harrer: Wegen der zu geringen Mittel für die dringend benötigten Investitionen in unseren Kliniken lässt die bayerische Staatsregierung die Kommunen und Landkreise im Stich. So sieht für mich kein zuverlässiger Partner aus.
Alle Bundesländer hinken ihrer Investitionsaufgabe deutlich hinterher. Trotzdem scheinen 15 von 16 Ländern den aktuell diskutierten Krankenhausreformplänen zugeneigt zu sein, außer Bayern. Was ist die Ursache, dass ausgerechnet Bayern sich querstellt?
Harrer: Leider arbeitet die Bayerische Staatsregierung bei der gemeinsamen Krankenhausreform der Gesundheitsminister aus Bund und Ländern aus wahlkampftaktischen Gründen nicht konstruktiv mit. Ich finde es beschämend, den Wahlkampf auf dem Rücken der Menschen und der Kommunen und Landkreise auszutragen.
Wo sind die Chancen dieser Reform für die Kliniken unseres Landkreises?
Harrer: Unsere Kliniken benötigen dringend die Krankenhausreform, da sie als Grundversorger Vorhaltungen leisten müssen. Diese Vorhaltungen werden momentan nicht vergütet.
Wie kann man gegen den Fachkräftemangel agieren?
Harrer: Wir brauchen u.a. eine Erhöhung der Anzahl der Studienplätze für Mediziner, des Weiteren eine Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für die Beschäftigten der Kliniken. Die Arbeitszeitmodelle müssen angepasst werden, da die Fachkräfte im Gesundheitswesen größtenteils weiblich und die Arbeitszeiten gerade für junge Familien nicht attraktiv sind. Hier muss man auch Teilzeitlösungen anbieten. Darüber hinaus müssen wir mehr Betreuungseinrichtungen für die Kinder des Klinikpersonals schaffen bzw. Plätze in bestehenden Einrichtungen für sie reservieren.
Was kann die Politik tun, um diesen drohenden Mangel abzuwenden?
Harrer: Durch die Bildung von MVZ durch die Kommunen und Landkreise. Dadurch müssen die Ärzte nicht mehr für die Ausstattung der Praxis sorgen. Auch haben sie dadurch attraktivere Arbeitszeiten. Die Gesundheitsversorgung muss in öffentlicher Hand bleiben. Niedergelassene Ärzte selbstverständlich ja, aber keine Investoren, denen es nur um den Gewinn geht!
Auf dem Foto (v.l.): Landtagskandidatin Michelle Harrer, MdL Ruth Waldmann, Bezirkstagskandidatin Andrea Mickel und Andrea Ernhofer, die die Podiumsdiskussion moderierte